Wir sind
wirklich fasziniert von der Stadt, die mit keiner anderen kasachischen Stadt
die wir bisher gesehen haben zu vergleichen ist. Eigentlich wollten wir uns in
Astana ein Hotel nehmen und ein paar Tage zur Ruhe kommen. Bei der
Hotelrecherche stolpern wir aber über das Khan Shatyr, eine riesengroße
Shopping-Mall mit diversen Unterhaltungsmöglichkeiten. Wir beschließen den „Sky
Beach Club“ zu besuchen, eine riesige Poollandschaft auf dem Dach der Mall, mit
Sandstrand und Wasserrutschen. Die gesalzenen Eintrittspreise zeigen auch, dass
das Lohnniveau in den Städten deutlich höher sein muss, als im Rest des Landes.
Der „Durchschnitts-Kasache“ wird sich dies nämlich nicht wirklich leisten
können. Annabelle hat ihren Spaß, tobt stundenlang im Wasser und am Sandstrand
und auch wir genießen den tropischen Flair. Wir entschließen uns doch kein
Hotel zu nehmen (der Hotelpool wäre nämlich eigentlich das ausschlaggebende
Argument gewesen) und machen uns wieder auf den Weg ein Übernachtungsplätzchen
außerhalb der Stadt zu finden. In der Abenddämmerung faszinieren uns die riesigen Leuchttafeln und
ein riesiger Bogen in einer Häuserfront, den man mit dem Fahrzeug durchfahren
kann. Wir nehmen also ein paar Kilometer Umweg in Kauf und besichtigen die
Stadt mit dem Fahrzeug. Als wir plötzlich feststellen, dass eine riesige Straße
am Ende von Schranken blockiert wird möchten wir unser Fahrzeug nur schnell
drehen. Aber so weit kommt es nicht mehr. Ein Fahrzeug (bei dem ich vermeintlich
dachte es wäre ein Taxi) leuchtet mit seinen Scheinwerfern auf. Kurz darauf springen
mehrere Polizisten aus dem Fahrzeug und halten uns an. Es wird in kasachisch
auf uns eingeredet bzw. eher geschrien, wild gestikuliert und dann müssen wir
das Fahrzeug abstellen und ich muss aussteigen. Einer der Polizisten zeigt auf
ein Schild welches die Weiterfahrt (und so auch unser Drehmanöver) verbietet.
Es werden Führerschein und Fahrzeugpapiere gefordert und dann soll ich in den
Polizeiwagen steigen (in dem es mächtig warm war). Plötzlich fand ich mich mit
3 Polizisten in einem Fahrzeug wieder. Keiner der Beamten sprach auch nur ein
Wort Englisch. Ich wusste immer noch nicht was los ist. Einer der Beamten war
ziemlich angepisst. So langsam klärte sich die Situation: Mit Händen uns Füßen
wurde mir klargemacht, dass ich hier nicht hätte lang fahren dürfen (was ich ja
schon davor begriffen hatte). Ein paar Meter weiter würde sich der Palast des Präsidenten
befinden. (Er nannte vermutlich den Namen des Präsidenten, da mir der Name aber
nicht geläufig war, deutete er noch mal auf den Palast und sagte dann „Merkel“).
Dann wurde mir noch erklärt, dass sie beinahe auf unser Fahrzeug geschossen
hätten (vielleicht war deswegen der eine Polizist ja so schlechter Laune, weil
er nicht schießen durfte?). Auf jeden Fall wurde dann etwas von Protokoll
gelabert und ich sollte eine Strafe in Höhe von 10.000 Tenge bezahlen (das sind
umgerechnet etwa 50 €). Da wir bislang keine negativen Erfahrungen mit der
Polizei in Kasachstan gemacht hatten, versuchte ich ohne Bezahlen aus der
Nummer heraus zu kommen. Irgendwie war die ganze Situation in dem Polizeiwagen
auch skurril bis teilweise lustig: Einer der Beamte fragte mich etwas auf
kasachisch was ich (natürlich) nicht verstand. Ich antwortete dann erstmal mit
Kopfnicken. Die Reaktion von dem Beamten war dann eher verwundert. Er stellte
mir die gleiche Frage noch mal und ich schüttelte den Kopf. Die Antwort fand er
dann offensichtlich besser (glaube ich zumindest) aber zur Sicherheit stellte
er mir die Frage noch mal. Diesmal nickte ich wieder mit dem Kopf. Die Reaktion
war die Selbe wie am Anfang. Also stellte er die Frage dann zum vierten Mal.
Ich schüttelte zur Abwechslung wieder den Kopf (was sollte ich auch tun?). Daraufhin
gab er entnervt auf, schimpfte etwas vor sich hin und übergab das Gespräch an
einen seiner Kollegen. Wirklich weiter kamen wir also nicht. Also versuchte ich
die nächste Taktik: Ich gab den Beamten alle möglichen Dokumente (auch welche
die eigentlich überhaupt nichts mit dem Fahrzeug oder uns zu tun hatten,
vorrangig natürlich in deutscher Sprache). Aber auch dies half nicht. Irgendwie
war mir dann klar, dass ich ohne Bezahlen nicht weiter kommen würde. Ich bot
den Beamten 20 US-Dollar an, welches aber direkt abgelehnt wurde. Dann bat ich den
einen Beamten, der mir die 10.000 Tenge auf seinem Handy eingetippt hatte, mir
noch mal sein Handy zu geben. Er schüttelte vehement den Kopf (Was er wohl in
dieser Situation dachte?) und deutete auf meine Hosentasche (ich hatte aber
kein Handy dabei). Ich gab ihm zu verstehen, dass ich kein Handy dabei hätte
und dann gab er mir doch zögernd sein Smartphone. Ich tippte meine Vorstellung
von 5.000 ein, zeigte den Betrag dem Beamten. Er fragte noch: Tenge? Ich
nickte. Er nickte. Ich ging kurz zum Fahrzeug, holte das Geld und durfte
verschwinden. Puhhh, Glück gehabt. Von Peng Fei (der mit seinem Sohn gerade
auch durch Kasachstan reist) erfahren wir später, dass er ziemlich oft mit der
Polizei in Berührung gekommen ist (über 100mal dh. bis zu viermal in einer
Ortschaft) und eher negative Erfahrungen gemacht hat. Der Adrenalinpegel für
den Tag war auf jeden Fall gesättigt. Wir fanden dann nach ewiger Suche, noch
einen geeigneten Übernachtungsplatz außerhalb eines kleinen Dorfes (dieser
stellte sich dann am nächsten Morgen aber eher als Dorf-Müllplatz heraus) und beschlossen
am nächsten Tag noch einmal nach Astana zu fahren.
Auf unserer
ToDo-Liste für den nächsten Tag in Astana standen dann u.a. unsere Wäsche der
letzten Wochen zu erledigen (in den meisten größeren europäischen Städten gibt
es Wasch-Salons an jeder Ecke, in der Ukraine/Russland oder auch Kasachstan
gibt es diese Einrichtungen aber leider überhaupt nicht). Glücklicherweise fand
Jennay aber die Adresse eines Hostels heraus, bei dem wir unser Glück versuchen
wollten. Hier hatten wir dann auch Erfolg. Wir durften drei Waschmaschinenladungen
waschen, nur der Trockner wurde uns vorenthalten (warum wissen wir bis heute
nicht). Also versuchten wir alle Handtücher, T-Shirts etc. irgendwie in unserem
Fahrzeug aufzuhängen, was aber eine ziemliche Herausforderung war. Annabelle
tobte derweil auf diversen Kinderspielplätzen herum und als es dann schon
ziemlich spät war, entschlossen wir uns die Nacht in der Stadt zu verbringen (was
wir ja sonst eigentlich versuchen zu verhindern), da wir die Stadt bislang als
sehr sicher empfanden. Am nächsten Morgen trockneten wir die restlichen
Klamotten mit Hilfe der Fahrzeugklimaanlage. Der Versuch unser Internetguthaben
wieder aufzuladen schlug zunächst erstmal fehl (die SIM Karte hatten wir von
einer super netten kanadischen Solar-Radlerin, die eine Nacht in unserem
Fahrzeug übernachten durfte, geschenkt bekommen). Dann ließen wir uns von einer
netten Frau helfen (von unserem letzten Guthaben hat sie uns aber erstmal einen
Fun-Ringtone gekauft, den wir natürlich unbedingt brauchten J ). Letztendlich
hat es dann aber auch geklappt. Unsere Wasserreserven konnten wir dann in einem
Hotel wieder auffüllen (ich musste die 25x 5 Liter Wasserkanister gefühlt
einmal durch die Stadt tragen und hatte damit mein Workout für die nächsten
Tage hinter mir) und nach zwei Tagen der Ruhe und Erholung, beschlossen wir die
Stadt wieder Richtung Almaty zu Verlassen.
Fazit: Mir
gefällt die Stadt wirklich gut. Nur der Gedanke, dass im Winter hier
Temperaturen von – 50 Grad herrschen (Astana ist die zweitkälteste Hauptstadt
der Erde) finde ich nicht besonders prickelnd. Außerdem frage ich mich, wie diese
Stadt wohl in ein paar Jahren aussehen wird. Die Gebäude wirken auf den ersten
Blick sehr edel und schick. Beim genaueren Hinsehen sieht man aber auch, dass
die Bausubstanz sehr minderwertig ist und Neubauten bereits nach ein paar
Monaten schon massivste Abnutzungserscheinungen zeigen, die vermutlich, wie
auch in anderen Teilen Kasachstan, nie wieder erneuert oder repariert werden.
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