Mittwoch, 30. Oktober 2013

Straßenverkehr in China

S: Da wir jetzt schon einige Tage in China unterwegs sind möchte ich einen Blogbeitrag dem Straßenverkehr in China widmen:
Wenn man es kurz zusammenfassen möchte: Es ist der pure Wahnsinn!
Ich weiß nicht, wie es die chinesische Bevölkerung geschafft hat sich in den letzten Jahrzehnten so zu vermehren und eine Bevölkerungsexplosion auszulösen – wenn man das Verhalten der Chinesen im Straßenverkehr berücksichtig ist es wirklich ein Wunder, dass es dieses Volk überhaupt noch gibt und nicht nur noch in Geschichtsbüchern von ihnen zu lesen ist.
Zu Beginn unserer Reise habe ich unseren Guide zu den gültigen Verkehrsregeln vor Ort befragt aber keine zufriedenstellende Antwort erhalten. Ein paar Tage später weiß ich auch warum – es gibt entweder keine Regeln oder wenn es welche gibt, werden diese einfach ignoriert.
 
Hier ein paar Beispiele:
Ampeln dienen lediglich als „Orientierungshilfe“ und werden von sämtlichen Roller- oder TukTuk-Fahrern vollständig und selbstbewusst ignoriert.
Warum hier Zebrastreifen auf die Straßen gemalt werden verstehe ich nicht. In Kasachstan waren diese heilig – wehe man hielt nicht an. In China sollte man sich hüten an einem Zebrastreifen zu halten – egal wie viel Passanten dort warten- , Erstens weil es unweigerlich zu Auffahrunfällen kommen würde und Zweitens, weil es die am Zebrastreifen wartenden Passanten komplett verwirrt wenn ein Auto hält um sie über die Strasse zu lassen (das habe ich selbstverständlich zu Beginn versucht).
Versucht man eine stark befahrene Kreuzung kurz vor Ende der Grünphase freizuhalten wird dieses mit lauten Hupkonzerten, Schreierei und wilden Überholmanövern quittiert.
Es ist an der Tagesordnung, dass einem mitten in der Nacht ein unbeleuchtetes Fahrzeug auf der Überholspur eines mehrspurigen Highways in entgegengesetzter Richtung entgegenkommt. Wenn man Glück hat schaltet der Falschfahrer kurz vor dem unweigerlichen Zusammenstoß freundlicherweise noch kurz das Licht ein um den anderen Fahrer zu warnen.
Auf einem Roller werden auch gerne mal  3-4 Meter breite Holzlatten transportiert – natürlich quer zur Fahrtrichtung – und das selbstverständlich unbeleuchtet in der Abenddämmerung
Wenn man versucht auf eine freie Lücke im dichten Verkehrsfluss zu warten wird man NIEMALS auf die Strasse kommen. Besser ist es sich einfach mal mit der gesamten Fahrzeuglänge auf die vielbefahrene Hauptstrasse zu stellen – irgendein Auto wird schon bremsen
Blinker kommen nicht zum Einsatz – höchstens auf der Autobahn – dann aber nur um anzuzeigen das man überholen möchte
Überholt wird auf allen Spuren – inkl. dem Standstreifen
Überall laufen Menschen über die Straße, egal ob Highway oder 6-spurige Hauptstrasse.
 
Generell hat man den Eindruck, dass die Chinesen dem Straßenverkehr sehr abgelenkt beiwohnen. Mal ist es das Notebook auf dem Schoß des Fahrers welches interessanter zu sein scheint – mal prügeln sich mehrere Passagiere (selbstverständlich inkl. des Fahrers) in einem Kleinbus. Außerdem scheinen wir und/oder unser Fahrzeug so interessant zu sein, dass grundsätzlich erstmal das Kamerahandy gezückt wird, sämtliche Fenster geöffnet werden und dann wird fotografiert bis das Fahrzeug des Paparazzis so weit abdriftet, dass es uns fast von der Autobahn schiebt. Die Polizei wird gerne mal ausgebremst und eigentlich immer rechts überholt (man muss ja vorbei), dabei spielt es keine Rolle ob sich die Polizei im Einsatz befindet oder nicht.
 
Auch wenn es teilweise lustig klingt kommen täglich neue, teilweise wirklich gefährliche Situationen hinzu. Aus diesem Grund versuchen wir die Innenstädte der großen Städte auch eher zu meiden.
 
Meine persönliche Theorie ist, dass die Chinesen vor dem Einsteigen in ein Auto oder das Besteigen eines Rollers ihr Gehirn in dafür bereitgestellte „Gehirn-Aufbewahrungsgläser“ legen. Am Zielort angekommen wird ein „Ersatzgehirn“ eingesetzt welches für die anstehenden Tätigkeiten entsprechend optimiert und angepasst ist. Auf dem Rückweg wir das „Leih-Hirn“ wieder zurückgegeben und der Weg nach Hause wieder „hirnlos“ hinter sich gebracht. Hier stellt sich mir nur eine Frage: Wie um Himmels Willen bekommen es die Chinesen hin, ihre eigenen Gehirne nicht ständig zu vertauschen?

Turpan

S: Wir verbringen mal wieder eine Nacht in einem sehr schönen und edlen Hotel in Turpan welches freundlicherweise von unserem Guide organisiert wurde. Turpan war in der Blüte der Seidenstrasse als Oase bekannt und eine wichtige Zwischenstation für Händler und Reisende. Wir bleiben nur einen Tag in der Stadt um uns etwas „Vorsprung“ herauszufahren (immerhin sind es über 7.000 Kilometer die wir in China zurücklegen müssen und unser Zeitplan ist eng). Wir genießen aber noch die „Weintraubenallee“ (die Trauben sind allerdings schon alle geerntet und werden vermutlich gerade weiterverarbeitet, das Pflücken wäre aber auch so strengstens verboten gewesen) und schlemmen uns an den diversen Straßenständen durch leckere, exotische Speisen. Kurz bevor wir die Stadt verlassen wollen finden wir noch einen unterirdischen Obst- und Gemüsemarkt der eine riesige Auswahl bietet. Wir decken uns für die Weiterfahrt ein (Eier kauft man hier übrigens in dünnen Plastiktüten an Stelle von Eierkartons, keine Ahnung wie das die Chinesen hinbekommen diese ohne nennenswerte Verluste bis nach Hause zu bringen und am Marktstand werden diese gewogen – nicht gezählt) und Verlassen die Stadt wieder Richtung Osten. Neben skurrilen Arten Tiere zu transportieren fallen uns wieder die weitläufigen Ölfelder auf. Außerdem gibt es rechts und links vom Highway auf mehreren Kilometern Länge „Weintraubentrocknungshäuser“ die aber alle schon wieder leer sind.
 
Im Gegensatz zu unseren Autobahnen ist die Anzahl der Ein- und Ausfahrten der chinesischen Highways sehr überschaubar (vermutlich auch weil dann noch mehr Mautstellen eingerichtet werden müssten denn sämtliche Highways in China sind kostenpflichtig) und man muss schon darauf achten eine Ausfahrt nicht zu verpassen weil es gut sein kann, dass man die nächsten 100 Kilometer sonst nicht mehr vom Highway kommt. Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz bleiben wir direkt neben den Überresten eines alten Bauwerks stehen. Wir sind uns aber nicht ganz sicher, ob wir nicht am nächsten Morgen von hunderten von chinesischen Touristen überrascht werden. Wir haben aber Glück und werden sowohl in der Nacht wie auch am nächsten Morgen in Ruhe gelassen. 
 




Dienstag, 29. Oktober 2013

Sprinter-Geburtstag

Es ist vollbracht. Vor wenigen Tagen hatte unser geliebtes Reisefahrzeug Geburtstag:
Tacho-Stand: 200.000 KM
Mittlerweile sind es zwar schon wieder fast 3.000 KM mehr und seit unserer Abfahrt aus München vor fast 4 Monaten haben wir jetzt schon über 17.000 KM zurückgelegt. Es geht weiter....

Autotransporter


Die Chinesen sind sehr erfinderisch wenn es darum geht Fahrzeuge und Kleinlastwagen sehr effizient und platzsparend auf LKWs zu laden. Die größten Autotransporter die wir bisher gesehen haben (zugegeben sind diese auch um einiges länger als die Transporter die man aus Deutschland kennt) hatten auf ihrer Ladefläche 32 mittelgroße Geländewagen/SUVs. Den Wendekreis von diesen Monstern kann man sich dann in etwa vorstellen.
Ganz nebenbei: Der Großteil der LKWs hier verfügen über wassergekühlte Bremsen. Auf längeren Gefällstrecken (von denen es hier einige gibt) kann man immer wieder im Wassernebel gehüllte LKWs erkennen. Das Gesamtgewicht der Fahrzeuge soll wohl bis zu 60 Tonnen betragen.
 


 

Baumwolle, Datteln und Erdöl

S: Auf der Weiterfahrt fragen wir uns immer wieder, warum denn so viele weiße Bällchen auf der Straße liegen oder sich in den Büschen verfangen haben. Doch kurz darauf passieren wird riesige Baumwollfelder und weiterverarbeitende Fabriken. Außerdem scheint es hier ein extrem hohes Vorkommen an Erdöl zu geben...überall befinden sich Bohrtürme und Förderpumpen die das flüssige Gold zu Tage bringen.
Das gleiche Schicksal, was einige hundert Kilometer zuvor den Weintrauben ergangen ist, ergeht hier mit Datteln: Auch diese werden auf riesigen Feldern unter der Sonne getrocknet um diese anschließend in riesige Säcke zu verpacken.
Anschließend verlassen wir die Ebene wieder und fahren auf gut ausgebauten und makellosen Highways wieder in die Berge.
 





Die Taklamakhan-Wüste


S: Unsere Reiseroute führt uns nach dem Verlassen von Kashgar zunächst an den südlichen Ausläufern der Taklamakhan entlang. Die Landschaft ist geprägt von einer Stein- und Geröllwüste und nur noch sehr vereinzelt sind Ansätze von Vegetation zu finden. Doch es dauert nicht mehr lange bis sich das Landschaftsbild komplett ändert und eine unvorstellbar große Sandwüste vor uns am Horizont auftaucht. Kurz nach Mingfeng biegen wir links ab und für die nächsten 700 km gibt es eigentlich nur noch Sanddünen rechts und links der Straße zu bestaunen. Die Straße ist gut ausgebaut und wird durch eine künstliche angelegte Vegetation frei von Sand gehalten:
Alle 4 km befindet sich Pumpstationen die Grundwasser aus 120-150 Metern Tiefe fördern. Ein etwas 20 Meter breiter Gürtel aus gebüschähnlichen Pflanzen, die über ein überirdisches Rohrleitungssystem mit Wasser versorgt werden, sorgen dafür, dass der feine Sand nicht auf die Straße geweht wird. Jede der Pumpstationen ist 24 Stunden am Tag mit mindestens 2 Arbeitern besetzt, die sich neben der Wartung der Dieselpumpe auch um die Pflege der Pflanzen kümmern und eventuell doch auf die Straße gewehten Sand wieder wegfegen. Einmal pro Woche kommt ein Versorgungs-LKW um Lebensmittel vorbei zu bringen – das ist aber auch schon die einzige Abwechslung in dieser Gegend. Grob überschlagen kümmern sich so mindestens 350 Personen um die Instandhaltung dieser Wüstenstraße die zudem noch nicht mal stark frequentiert ist. Die Personalkosten sind in China wohl (noch) überschaubar, sonst wäre dies so nicht möglich.
Wir beschließen 2 Nächte in der Wüste zu verbringen und campen direkt zwischen 50-100 Meter hohen Dünen. Wir wagen uns mit unserem Sprinter nicht mehr als unbedingt nötig in die Sandünen – die Angst uns einzugraben ist ständig im Hinterkopf – trotz unserer neu erworbenen Sandfahrbleche. Das hindert aber unsere Schweizer Mitreisenden nicht daran ihren Pajero auf dessen Sandfahrtauglichkeit zu testen - mit einem absehbaren Ergebnis: Ihr Reisemobil steckt ein paar Dünen weiter im weichen Sand fest. Zu ihrer Verteidigung muss man aber auch sagen, dass eigentlich alle Beteiligten fest mit diesem Ausgang gerechnet haben. Nach etwa einer Stunde gemeinsamer Buddelei (Annabelle hilft auch kräftig mit) ist der Pajero aber wieder befreit und die Sandfahrbleche konnten auch mal ausprobiert werden.
Das Annabelle der riesige Sandkasten gefällt muss eigentlich nicht weiter erwähnt werden. Sie tobt stundenlang im warmen Sand und klettert eine Düne nach der anderen hinauf. Auch ich genieße das Hochrennen auf die Dünenkämme was im tiefen und feinen Sand einem anstrengenden Workout gleichkommt. Ich könnte hier wochenlang bleiben…..
 














Unterwegs nach Osten

Wir verlassen Kashgar und fahren weiter Richtung Osten. Vorbei an riesigen Feldern auf denen frisch geerntete Weintrauben getrocknet und so zu Rosinen weiterverarbeitet werden. Ähnliches passiert mit dem Mais: Dieser wird direkt am Straßenrand in der Sonne getrocknet. So ist es hier auch keine Seltenheit immer wieder kleinere Steine beim Knabbern der getrockneten Früchte im Mund zu haben.





Kashgar

J: Die Einreise nach China ist dem Expeditionsteam um Annabelle, ja nun doch gelungen.
Das kleine tapfere Mädchen strotzte der dünnen Höhenluft und den endlosen holprigen Straßen bis sie schließlich ins Land der Mitte einreiste. Die neuen Straßen führen durch tiefe Täler, vorbei an spektakulären Felsformationen. Annabelle speist noch an diesem Abend an kindgerecht flachen Tischen in einem typisch uigurischen Restaurant. Das zweite Mal auf der Reise verlassen wir unser trautes Heim und kehren in ein chinesisches Hotel ein. Die Betten laden zum Springen ein, doch werden wir von brettharten Matratzen enttäuscht, was aber dem Spaß keinen Abbruch tut. Soviel Platz über und neben uns sind wir lange nicht mehr gewohnt und tollen wild jauchzend durchs Zimmer. Nach einem Blick über die wunderschöne Neon beleuchtete Skyline von Kashgar, mit dem gepunkteten „Sydney Opera“ Komplex, den im Uhrzeigersinn bunt beleuchteten Riesenrad und dem prächtig beleuchteten „Hafenbecken“.
Am nächsten Morgen machen wir einen 2 Stunden Zeitsprung und richten uns ab jetzt nach der Beijing Time, obwohl das vor Ort nicht üblich ist. Annabelle probiert mit Freude das reichhaltige chinesische Frühstück, mit scharfem Gemüse, Rührei, Reis und gedämpften „Brötchen“. Sie schlägt sich tapfer mit den Stäbchen, bekommt aber irgendwann von einer jungen Chinesin einen kleinen Keramiklöffel gebracht, die sie immer wieder in die Seite sticht und drückt. Ja kleine Annabelle, daran musst du dich nun gewöhnen. Auf der bisherigen Reise gab es zwar einige Übergriffe, aber meistens näherten sich die Leute eher zurückhaltend und ließen von ihr ab wenn sie anfing zu schreien. Das chinesische Volk sieht das allerdings anders, sie wird ständig durchs Gesicht gestreichelt, von hinten hochgerissen, es wird versucht sie wegzutragen. Das ist wohl die Bürde eines entzückenden Mädchens mit blauen Augen und goldenem Haar. Als Annabelle und ich alleine die Stadt erkunden, bleiben die Leute auf der Straße stehen oder verfolgen uns zum Teil, so dass wir in den Untergrund fliehen müssen. Die Aufdringlichkeit und Beharrlichkeit mit der uns Leute mit ihren durchdringenden Blicken kritisch bis freundlich beäugen ist neu. An sich sind wir noch nicht in China angekommen, wir sind mitten in Ostturkestan heutzutage Xinjiang genannt. Wie unsere Freunde, die bereits durch Usbekistan, Tajikistan, Kasachstan und Kirgistan gereist waren sagen- „hier ist es zentralasiatischer als im eigentlichen Zentralasien“. Es ist unter anderem streng muslimisch, so dass die Frauen zumindest ein Kopftuch tragen bis ganz verhüllt herumlaufen. Es geht so weit, dass viele Frauen mit einer braunen dick gestrickten Decke über dem Kopf rumlaufen, die keinerlei Lüftungsschlitze aufweisen. Kleine Mädchen haben meist eine Kurzhaarfrisur, eine Glatze mit ein paar Haaren an der Stirnseite oder sie tragen schon im zarten Alter von drei bis vier Jahren dünne Kopftücher. Meine Theorie ist es, dass die kleinen Mädchen extra Jungen-ähnliche Frisuren bekommen, damit sie noch keine Kopftücher tragen müssen. Der Witz kommt aber erst- kleine Babys hingegen bekommen Mützen mit Haarattrappen angezogen. Wo ist hier die Logik?
Das Leben läuft hier zum Teil wie vor Hunderten von Jahren ab: Die Menschen hämmern mit rudimentären Werkzeugen Bleche zu schönen Alltagsgegenständen. Andere schnitzen allerlei Fresken und Nützliches aus Holz, wieder andere kochen über Feuer oder handeln ihre Schafe mitten auf der Straßenkreuzung. Man muss sich letzteres so vorstellen, dass genauso viele grau bärtige Männer wie Schafe im Kreis stehen wild diskutieren und die vorbei gehenden den „Dickhinterschafen“ in den Po kneifen, um die Qualität des Tieres zu bestimmen. Drumherum drängen sich die Rollerfahrer, Fußgänger und überladenen Dreirad-Mini-LKWs. Es wird gehupt, geschimpft und geschrien. Das ständige wuselige Treiben bewegt sich unaufhörlich und die Menschen sind unglaublich geschäftig. Jeder feilscht, verkauft oder bewegt irgendetwas. Wir begeben uns in ein hellblau, weiß gemustertes Teehaus oberhalb des Basars und können das Treiben herrlich unbeobachtet von oben mitverfolgen. Annabelle genießt die Atmosphäre unter den Greisen und fängt aus Herzenslust an wie ein Auerhahn über den Basar zu schreien und da es in all dem Gewirr keinen zu stören scheint, lassen wir sie gewähren.
Pferde- und Eselwagen gibt es seit Kirgistan nur noch vereinzelt, auch die bekannten „one million bicycles in Beijing“ sieht man nur noch sehr vereinzelt. Diese wurden von zwei bis dreirädrigen elektrischen Rollern abgelöst. Die leise surrend, schwer beladen ganze Familien umherkutschieren. Dabei werden die Babys lässig unter den Arm geklemmt oder fahren in einem Plastikkindersitz, über der Straße wippend hinter dem Rest der 4-5 köpfigen Familie. Babys tragen außerdem ab dem Säuglingsalter keine Pampers, sondern haben einen großen Schlitz in der Hose, durch den sowohl Po als auch Genitalien sichtbar sind. Selbst die traditionellen Holzwiegen haben ein Loch in der Mitte, in der der „Saft“ abfließen kann. Aber die Höhe dieser für uns ungewöhnlichen Methoden, ist ein kleiner Holzstab, der einer Flöte oder Pfeife ähnelt. Dieser wird auf den Penis des Jungen gesetzt, damit der Urin gezielter abfliessen kann. Als Annabelle und ich alleine in einem Teehaus sitzen, kommen viele Kinder um mit Annabelle zu spielen. Sie sind unbeaufsichtigt und ihnen fällt so allerlei Mist ein. Einige Malen ihre Umgebung mit Wasserfarbe an, andere prügeln sich und wieder andere verteilen Müll auf der Straße. Annabelle ist amüsiert und schlürft den Tee zusammen mit dem frischgebackenen, knackigen Fladenbrot, welches wir gerade von einem uigurischen Bäckers gekauft haben. Dieses Fladenbrot wird zuerst mit einer Art Zwiebelsoße bestrichen und dann an die Innenseite seines Steinbackofens geklatscht. Der Teehausbesitzer und sein Freund fragen mich, ob ich dem Islam angehören würde und ließen mich sofort in Ruhe, als sie realisierten, dass ich verheiratet bin (wie bereits erwähnt, tragen wir seid Kasachstan wieder unsere Ringe, was Wunder bewirkt und selbst unsere unverheirateten Freunde haben sich welche auf ihrer Reise zugelegt). Der Tee wurde uns selbstverständlich geschenkt, da sie unsere Anwesenheit gefreut hat. Interessanterweise wurde uns erzählt, dass chinesische Kinder hier weniger selbstständig seien als bei uns. Das einige selbst mit drei Jahren noch nicht selbstständig essen können, weil sie von ihren Großeltern so verwöhnt und gepampert werden. Die Mütter und Väter selbst, haben oft kein Geld und somit keine Zeit ihre Kinder selbst aufzuziehen. Nach der Geburt bekommen die Mütter drei bis vier Wochen um sich zu erholen, von da an sind andere für die Erziehung des Nachwuchses zuständig. Man müsste also erst seine Eltern fragen ob sie Zeit und Lust haben, sich für die nächsten Jahre um ein Kind zu kümmern?! Außerdem ist es so, dass man sowohl die Heirat als auch ein Baby zuvor offiziell beantragen und erst auf die Erlaubnis warten muss. Wenn man zuvor schwanger wird, muss man ins Krankenhaus gehen und es sich „wegmachen“ lassen. Die Sache mit der Einkindpolitik ist inzwischen auch einiges komplizierter geworden. So können Minderheiten bis zu drei Kinder bekommen wohin gegen Han-Chinesen je nach Vorhandensein von eigenen Geschwistern entweder ein oder zwei Kinder bekommen dürfen. Lustigerweise sieht man daher viele Omis und Opis mit kleinen Kindern spielen. Am meisten hat es mir ein mächtiger, typisch muslimischer Großvater angetan, der seine Enkel liebevoll tröstete, viel Albereien machte und sie auf seinem Roller von Spielplatz zu Spielplatz kutschierte.
 









Back to the future – oder der Sprinter der aus der Zukunft kam

S: Es ist unser zweiter Tag in China. Am Morgen machen wir uns auf den Weg zur Automobil-Zulassungsbehörde um unsere chinesischen Führerscheine und das obligatorische Kennzeichen zu bekommen. Ohne die Hilfe von Spring, unserem Guide, wäre dies meiner Meinung nach ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Das Treiben vor Ort ist noch nicht mal ansatzweise mit dem einer deutschen Zulassungsbehörde zu vergleichen:
Wir fahren auf das riesige Gelände der Behörde außerhalb von Kashgar und mein erster Eindruck ist, dass dies auch ein riesiger Basar zum An- und Verkauf von Gebrauchtwagen sein könnte. Alles spielt sich draußen unter freiem Himmel ab. Spring verschwindet für eine Weile, wir treffen unsere Freunde aus Südafrika wieder (ja, die Welt ist klein), müssen unsere Fahrzeuge ein paar Mal umparken und dann bildet sich auf einmal eine riesige Traube von Menschen um unsere Fahrzeuge. Es werden Fotos gemacht, Fahrgestellnummern kontrolliert und unser Sprinter muss mit zusätzlichen Reflektorstreifen versehen werden. Jetzt ähnelt er eher einem Baustellenfahrzeug als einem Camper. Die Traube der Menschen wird größer. Es ist unmöglich die „Offiziellen“ unter den herumstehenden Menschen zu identifizieren, weil jeder irgendwo, irgendwie rumfummelt und Fotos von wirklich allem macht (auch solchen nicht wirklich zulassungsrelevanten Dingen wie dem Bobbycar auf der Rückseite unseres Fahrzeugs). Zwischendurch taucht immer wieder Spring auf, scheucht Leute umher oder kümmert sich darum, dass es voran geht. Es wird wieder wild geschrien, rumgestikuliert und ich darf unser Fahrzeug in die „Vehicle Inspection Hall“ fahren. Hier werden u.a. das Gewicht und die Bremsen kontrolliert (oder ich glaube das zumindest, weil ich auf den diversen Anzeigen und Displays auf Grund der chinesischen Schriftzeichen nichts erkennen kann). Außerdem werden die Scheinwerfer überprüft. Hier haben sich die Chinesen etwas ganz interessantes einfallen lassen:
Dieser, vom deutschen TÜV bekannte Kasten mit einem Spiegel, der vor den Scheinwerfer geschoben wird, wurde hier auf ein Schienensystem verlagert. Dieser fährt jetzt automatisch vor dem Fahrzeug hin und her, die Scheinwerfer werden vollautomatisch erkannt und dann darauf einstellt, ganz ohne manuellen Eingriff. Zumindest sollte dies so in der Theorie sein. Als die Sprinter-Scheinwerfer überprüft werden, versucht dieses Gerät höchster chinesischer Ingenieurskunst, wie verzweifelt unsere Scheinwerfer auszumachen. Vermutlich auf Grund der Höherlegung gelingt ihm dies aber nicht, und so entscheidet sich das bestimmt 100 kg schwere Gerät dann auf einmal seine Schienen zu verlassen, aus diesen herauszuspringen (was der Erfinder der Konstruktion sicherlich so nicht vorgesehen hatte), und macht sich selbständig auf dem Weg zur anderen Seite der Halle (wo sich eine weitere Prüfeinrichtung befindet). Gestoppt wird das Verlangen, die andere, offensichtlich gut befreundete Scheinwerferprüfeinrichtung zu erreichen, aber leider durch ein zu kurzes Stromkabel. Unter kräftigem Knarren und Knarzen verharrt es dort für einige Sekunden bis es von ein paar Männern wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückgetragen wird. Die Scheinwerferüberprüfung wird kurzerhand übersprungen und nach etwas zwei weiteren Stunden erhalten wir dann, schlussendlich unsere lang ersehnten chinesischen Führerscheine und Kennzeichen.
Ein weiteres lustiges Highlight ereignete sich dann noch zu später Stunde auf unserem Hotelparkplatz (wir haben uns nämlich dazu entschlossen für die ersten beiden Übernachtungen in China ein Hotel zu buchen, dass Zweite auf der gesamten Reise):
Ich war gerade dabei die Standheizung wieder vom Ruß zu befreien und ließ diese dafür für ein paar Minuten laufen, ohne den beißenden Geruch im Innenraum ertragen zu müssen. Parallel dazu füllte ich mit mehreren Wasserkanistern unseren Wassertank von außen wieder auf. Der dichte, weiße Nebel wurde von mehreren Scheinwerfern erhellt und der Security-Dienst fragte kurz nach, ob denn mit dem Wagen auch alles in Ordnung wäre. Einen Moment später tauchten mehrere Chinesen hinter dem rauchenden Fahrzeug auf und wollten gerade in ihr Fahrzeug steigen. Irgendwie aber erregte der rauchenden Sprinter ihre Aufmerksamkeit, und die fünf Chinesen versammelten sich fragend um mich. Ich fragte kurz nach, ob ich ihnen helfen könnte, aber keiner der Anwesenden sprach auch nur ein Wort englisch. Also schüttete ich weiter kräftig Wasser in den Tank und stellte den leeren Kanister anschließend auf den Boden. Kaum abgestellt, wurde der Kanister von einem der Chinesen angehoben und es wurde kräftig daran gerochen. Jeder der Chinesen wollte einmal riechen. Dann wurde kräftig diskutiert und gestikuliert und auf den nächsten Kanister, den ich gerade einfüllen wollte, gezeigt. Ich versuchte zu erklären, dass es nur Wasser wäre, aber so weit kam ich gar nicht: Alle wollten ihren Finger in das Wasser stecken um anschließend erneut daran zu riechen und zu schmecken. Anschließend tauschten sich die Anwesenden wieder hektisch aus. Ich verstand die skurrile Situation zu Beginn überhaupt nicht bis es auf einmal „Klick“ machte:
Der Rauch, der Krach von der Standheizung und das Einfüllen des Wassers in den Tank: Die Chinesen mussten glauben, dass unser Fahrzeug mit Wasser fahren würde!
Und genau diese Situation erinnerte mich an eine Szene aus „Zurück in die Zukunft“ als der DeLorean (die Zeitmaschine) in einer weißen Nebelwolke gehüllt aus der Zukunft kommt und von Doc Brown wieder mit Abfällen gefüttert wird und für die nächste Reise vorbereitet wird.
Ich überlegte kurz die Verwirrten in diesem Glauben zu lassen, entschloss mich dann aber trotzdem die ganze Situation aufzuklären, indem ich der Gruppe eine kurze Führung durch das Wageninnere anbot.
Später überlegte ich noch, ob es vielleicht nicht doch besser gewesen wäre den Chinesen zu erklären, dass das Fahrzeug tatsächlich nur mit Wasser fahren würde:
Vom Ehrgeiz gepackt hätten die fleißigen Chinesen dann bestimmt in weniger als einem halben Jahr selber ein solches Fahrzeug entwickelt…. :-)

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Wir sind in China...

S: Wir haben es geschafft. Etwa 3 Monate nach unserer Abreise aus Münchens ind wir nach China eingereist. Mit unserer Berichterstattung sind wir leider etwas hinterher (unser Blog wird nämlich u.a. hier geblockt was eine Aktualisierung nicht unbedingt einfacher macht) werden aber in den nächsten Tagen versuchen wieder ein paar Fotos und Berichte hochladen. Bis dahin

Minusgrade auf 3.600 Metern

S: Unsere letzte Übernachtung in den Bergen bevor es nach China gehen soll. Durch den geringen Sauerstoffgehalt der Luft in diesen Höhen hat unsere geschätzte Standheizung den Dienst quittiert bzw. pustet nur noch, nach unverbranntem Diesel stinkende. warme Luft in den Innenraum. Wir bereiten uns auf eine kalte Nacht vor, gehen früh ins Bett und beschließen direkt von Beginn an Annabelle mit in unsere Schlafsäcke zu stecken. Es ist eine wirklich unruhige Nacht. Wir wachen in dieser Nacht mindesten 10x auf und erzählen uns gegenseitig immer wieder wie kalt uns ist. Die Zeit mag irgendwie nicht vorbeigehen und wir freuen uns schon auf die ersten Sonnenstrahlen am Morgen. Dann endlich ist es soweit. Die Sonne zeigt sich und wir können es nicht erwarten aufzustehen und zum Aufwärmen um den Sprinter zu rennen. Die Solarpanels sind über Nacht mit einer Eisschicht überzogen worden, der Abwassertank ist neben den Scheiben gefroren und von „den Schweizern“ erfahren wir, dass ihr Reifenluftdrucküberwachungssystem eine Temperatur von -5 Grad am Morgen meldet. Unser Kühlschrank hatte diese Nacht nicht wirklich etwas zu tun denn die Innentemperatur der Kühlbox sank um weitere 3 Grad. Gut das dies die letzte Nacht in den Bergen gewesen ist…