Wir sahen auf unserer Fahrt über neue Autobahnen, immer
wieder ganze Täler die einfach überbaut wurden- einst lagen sie romantisch
einsam inmitten grünbewachsener Berge, nun rattern laute Trucks über ihre Köpfe
und ihre Häuser liegen im Schatten. Die Leute haben als einzigen Ausweg, die
Möglichkeit ihre Einstellung zu ändern und den Fortschritt stillschweigend zu
akzeptieren. Im Falle der Autobahnen profitieren die kleinen Bauern in
keinerlei Hinsicht, denn es gibt für sie weder eine Autobahnauffahrt noch
könnten sie sich je leisten auf eine dieser Mautstrecken zu fahren geschweige
den, dass ihre Roller und TukTuks auf diesen Straßen sowieso verboten sind. Das
verlassen einer Mautstraße ohne korrekte Entrichtung des Mautbetrages zieht
eine lebenslange Haft nach sich…
Als wir eines Tages von einer Mautstraße abfuhren, da die
chinesischen Zeichen teilweise abgeklebt waren, aber die englischen uns eine
Abfahrt ankündigten, konnten wir durch eine Baustelle ohne Probleme die
Mautstraße verlassen. Entschieden uns dann aber trotz Übermüdung wieder auf die
Autobahn zu fahren, da wir vor diesem Gesetz doch einen gebührenden Respekt
hatten. Danach irrten wir stundenlang nachts durch den unbeleuchteten, aber
höchst wuseligen Straßenverkehr um einen geeigneten Stellplatz zu finden, der
hier zwischen Steilwänden, Häusern und sumpfigen Felder fast unmöglich zu
finden war. Wir campierten schließlich auf einem Feldweg bis uns der
Rauchmelder um 4:30 zusammen mit den bellenden Hunden der Nachbarhütte unsanft
aus unserem Schlaf riss und zu einem frühen Tagesstart animierte.
Auf unserer Fahrt nach Dali entschieden wir uns, die um
einiges kürzere Landstraße zu nehmen und bereuten dies schon kurze Zeit später.
Die Straßenverhältnisse erinnerten uns stark an Kasachstan. Rein rollen ins
Loch, raus und rein ins nächste Loch, langsamer als Schritttempo quälten wir
uns so stundenlang zusammen mit hunderten Kohlelastern hoch in die Berge und
die Straße schien kein Ende zu nehmen. Bis die Straße plötzlich wegen
Bauarbeiten auf einer Brücke, vollkommen gesperrt war. Wir waren mit den Nerven
am Ende und schlugen unser Nachtlager deshalb einfach in der nächsten
Kohlegrube vor großen Sieben auf. Wir brachen wieder früh auf und fuhren weiter
über enge Bergsträßchen vorbei an pituresken Feldern und kleinen Häuschen. Doch
die engen kurven und Serpentinen nahmen für 2 Tage kein Ende, auch die
Mittagspause mit Blick über einen schönen See, umrahmt von vielen kleinen
Minderheitenhäuschen, konnte uns nur teilweise für die harte Strecke
entschädigen. Oh wie lieben wir doch unsere neuen Autobahnen, wir versuchen uns
vorzustellen wie eine Chinadurchquerung über 8000 Kilometer wohl ohne
Autobahnen ausgesehen hätte. Unmöglich! Vielleicht mit einem halben Jahr
Zeit…und Nerven wie Drahtseilen..
Wir rollen schließlich nachts in das grell neonbeleuchtete
Neu Dali und erfreuen uns wie jedes Mal über dieses beeindruckende Spektakel.
Wir hatten uns zuvor in ein fünfsterne Hotel eingebucht, um uns nach diesen
Strapazen nicht noch auf die Suche nach einem geeigneten Hotel zu machen. Der
Check-In stellte sich als langwierig und ärgerlich heraus aber wir lagen
schließlich auf unseren weißen Lacken und genoßen in der Früh ein teils westliches
Frühstück. Die nächste Nacht verbringen wir auf dem Hotelparkplatz bis wir uns
für die kommenden Nächte in ein superbes Guesthouse einmieteten.
Das Jade Emu und Jade Roo Guesthouse bietet Zimmer für nur
110 Yuan an, wenn man bedenkt, dass wir für den Hotelparkplatz schon 40 Yuan
zahlen mussten. Dafür konnte Annabelle auf dem gut ausgestatteten Spielplatz
auf unserer Terrasse ausgelassen spielen und springen. (Was eine absolute
Neuheit ist seit wir nach China eingefahren sind, gab es keine öffentlichen
Spielplätze mehr, zugegeben sie waren davor schon Mangelware, aber gerade hier
hatten wir uns mehr Möglichkeiten für kleine Kinder vorgestellt). Der
Spielplatz war also goldwert und mit den Kindern der Besitzer konnte sie
Monsterkitzelspiele spielen, wild schreiend um einen Drachen kämpfen oder auf
Wunsch des Sohnes- ein Ballerinabuch in der großen Englischen Bibliothek lesen.
Wir kamen in den Genuss mal wieder das Babyphone einschalten zu können und
etwas ohne Annabelle zu unternehmen. Denn es gab sowohl eine Bar, Restaurant,
Billard- und Tischtennistisch als auch eine DVD Sammlung.
Wir ließen es uns in Dali so richtig gut gehen, schlemmten
uns durch diverse Straßenstände und genossen besonders die Leckereien der
Bäckerei 88. Diese deutschen Backwaren retteten unsere Geschmacksknospen. Wir
aßen Himbeerkuchen, Schoko und Käsekuchen. Es gab endlich wieder Käsebrot mit
Butter. All die Leckereien die wir solange vermisst hatten..
Wir waren kurz davor ein Lied zu ehren dieser Bäckerei zu
komponieren. Es fühlte sich an wie eine innere Bauchmassage…
Da der siebtgrößte See Chinas nur einen Steinwurf entfernt
lag, mieteten wir uns Fahrräder und radelten über Gemüsefelder und durch
winzige Gässchen der traditionellen Dörfer entlang des Sees. Auf einer Terrasse
die auch am Meer hätte liegen können, genossen wir ein Sichuan -chinesisches
Essen und radelten voll wiedergewonnener Freiheit den See zurück Richtung
Stadt. Wir wären gerne länger geblieben, doch mussten wir uns wieder weiter auf unsere
Weiterreise begeben.
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