Sonntag, 15. Juni 2014

Trauerfeier anstatt Willkommensfeier

J: Die Sonne scheint, die Blumen blühen und es duftet nach frischen Erdbeeren und Kirschen... der, für uns aus dem Winter kommenden, so abrupte Sommeranfang, könnte so schön sein. Hätte uns nicht am Flughafen in Frankfurt die furchtbare Nachricht vom Tod unseres Opis ereilt. Nach elf ereignisreichen Monaten kehren wir somit in tiefster Trauer zurück und trauern mit der gesamten Familie. Auch Stefans Schwester ist den weiten Weg aus Südafrika angereist, doch die Wiedersehensfreude ist entsprechend gedämpft.
Wir werden mit überwältigender Trauer in Deutschland willkommen geheißen, die Vögel zwitschern und es ist schwer das warme Glücksgefühl der Rückkehr und des Sommeranfangs zu unterdrücken. Doch Stefans unkonventionelle Familie trauert sowieso nicht konventionell in schwarz, sondern der erste Trauertag gleicht eher einer Rollercoasterfahrt. Es wird geweint, gelacht wieder geweint, erzählt und wieder gelacht. Wir besuchen mit der gesamten Großfamilie das Grab der Urgroßmutter, die wie der Großvater auch, im wahrsten Sinne des Wortes in den Armen und im Kreis der Liebenden in den neuen Seinszustand übergetreten ist. Anstatt der erwarteten Bedrücktheit, wird uns von der Herzlichkeit der Verstorbenen erzählt, von tollen Taten und dem besonderen Platz den die beiden im Familienleben hatten. Die Geschichten werden gekrönt mit einer skurillen Aschenentführungsaktion. Tja man sollte so eine unkonventionelle Familie eben nicht mit einer Urne am Grab alleine lassen. 

Diese Familie ist schon etwas ganz Besonderes und einen solchen Zusammenhalt, trotz völlig unterschiedlicher Persönlichkeiten, findet man selten. Der Humor und die auflockernden Kommentare lassen die Familie auch in schweren Zeiten zusammen lachen. Das kann man doch nicht machen- Doch kann man, ja auch scheinbar unangebrachte Kommentare, lockern die Situation auf und lassen einem das Leben und eben auch das darauffolgende leichter nehmen.
Was wirklich furchtbar ist, ist, dass diese ihren (Ur)Opi, Stiefvater und Mann liebende Familie, nach seinem Tod keine 10 Minuten bekam, sich von ihm zu verabschieden. Eine Frau die in 45 Jahren, nur eine Woche von ihrem Mann getrennt war, wurde von der Polizei aus dem Zimmer befördert. Wie kann man Trauernden beibringen, dass ein Polizist der seine Arbeit verrichten muss oder weil er früher in den Feierabend will, der Familie keine 10 Min zum verabschieden gibt. Warum bekommt der Opa seinen letzten Willen, den Tubus zu entfernen nicht, damit die Polizei nach seinem Tod auch sicher feststellen kann, dass scheinbar alles richtig gelaufen ist. Wer würde denn ein Krankenhaus wegen Ärztepfusch bei einem 85Jährigen verklagen, wenn er dadurch auch nie wieder lebendig würde. Wie kann es sein, dass durch das übertreten in einen anderen Geisteszustand, der Körper des Menschen plötzlich öffentliches Beweismaterial wird. Die trauernde Frau, die keinen Atemzug ohne ihren Mann genommen hat, darf bis zum nächsten Tag nicht mehr zu ihm und das obwohl der Familie nach, der Geist des Opas kurz nach seinem Tod noch da war- ein Moment völliger Vereintheit der Familie bei Kerzenschein. Am nächsten Tag konnte, wer wollte, seine leere Hülle besuchen, aber der Geist war bereits entfahren und die Kälte hatte einhaus genommen. Such precious moments taken by authority. Welch unwiderruflicher Frevel.
Dieser Opi war kein zurückgezogener Mann, dessen Ego im Mittelpunkt stand. Er war ein präsenter Opi, der Teil des Lebens seiner acht Enkel und einer Urenkelin war. Er war der Anrufjoker für Günther Jauch, er war Nachhilfelehrer, lebendes Nachschlagewerk und derjenige der an jedem Geburtstag mit Rose und Karte kam. Opi und Omi hatten eine verfilmungsreife Liebesgeschichte seid sie 15 Jahre alt waren. Wie Omi sagte mit kurzer Irritation, während der sie drei Kinder mit einem ungeliebten Mann bekam, bis sie wieder mit ihrer großen Liebe vereint war. Es war kein Paar, dass einfach nebeneinander herlebte. Nein, sie waren das Paar, dass sich jeder zum Vorbild nehmen könnte. Sie freuten sich jeden Tag nebeneinander aufzuwachen, tanzten miteinander, hielten Händchen und warfen sich Blicke der Zuneigung zu. Ein Traumpaar wie es im Buche steht, sie lernten im hohen Alter von über achtzig noch mit dem Computer umzugehen, damit sie Kontakt mit ihren weltreisenden Enkeln per Skype halten konnten. "Karl-Heinz"- "Inge- nun komm doch mal her!"

2 Kommentare:

Jenny hat gesagt…

Hallo ihr drei,
es tut mir wirklich sehr leid, dass eure große Reise so abrupt enden musste - mit einem so traurigen Abschluss. Und gleichzeitig freut es mich für euch, dass ihr offenbar in so eine tolle Familie eingebunden seid, wo sogar Trauerfeiern Spaß machen!

Ich hoffe, hier noch weiter von euch zu lesen und bin gespannt, wie ihr euch in den deutschen Alltag zurückfindet (und ob ihr das überhaupt vorhabt ...)

Danke, dass ihr uns alle an eurer Reise teilhaben lassen habt, die für mich rundherum eine Inspiration war!

Jenny

Daniela S. hat gesagt…

Ich habe gerade unter anderem nochmal diesen Beitrag gelesen. Ihr habt echt in tollen Worten wiedergegeben, was passiert ist.

Einzige Ausbesserung, damit wir uns hier nicht strafbar machen....die Aschenentführungsaktion hatten wir überlegt durchzuführen...sie dann aber doch an Ort und Stelle gelassen :) Aber ja, witzig war es in trotz der Trauer zu dem Zeitpunkt.

Opi, Opi und Omi als Liebespärchen aber auch unsere Familie habt ihr echt so schön und passsend beschrieben. Hatte mir diesen Beitrag damals 3-4 mal durchgelesen und gerade nochmal, als ich mir vergangene Beiträge ansah.

Der Blog ist euch echt gelungen, sicherlich für euch gut in der Vergangenheit heute und in der Zukunft, aber auch für uns als Familie und alle anderen Lerser

LG nach Bayern, Bayern müsst ihr uebrigens auch noch als eines von Annabelle's bereisten Laender aufzaehlen, nebem Neuseeland, China etc.

Daniela